Rückblicke
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Seit der Öffnung des Eisernen Vorhanges im Jahr 1989 besuchen insbesonders die Wiener sehr zahlreich die Ungarische Grenzstadt Sopron (Ödenburg). Obwohl sich seither viele Besucher in Sopron befunden haben, wissen wohl die wenigsten, dass es dort auch einmal eine Straßenbahn gegeben hat.
Der etwa zwei Kilometer außerhalb der Stadt liegende Südbahnhof war schon seit 1876 durch Pferde-Omnibusse mit dem Bahnhof der Raaber-Bahn (GySEV) verbunden. Da knapp vor der Jahrhundertwende verschiedene Städte Ungarns elektrische Straßenbahnen erhielten (Budapest 1885, Miskolc und Szombathély 1897), sollte der technische Fortschritt nun auch in Sopron Einzug halten.
Nach wenigen Monaten Bauzeit konnte die Soproner Straßenbahn dann am 28. April 1900 feierlich eröffnet werden.
Die Verbindung zwischen den beiden Bahnhöfen wurde – wie schon mit den Pferde-Omnibussen – nicht direkt geführt, sondern auf besonderen Wunsch der ansässigen Geschäftsleute um die Innenstadt und über die Grabenrunde (Várkerület) gebaut, denn dort befanden sich die großen Gasthäuser, Hotels und Geschäfte. Man zog also aus Geschäftssinn eine längere Fahrzeit der kürzeren und schnelleren Verbindung vor. Trotz der Kuriosität der Argumentation bewährte sich aber dieses „Verkehrskonzept“ vorerst.
Zur Betriebsaufnahme der meterspurigen Straßenbahn wurden sechs Triebwagen mit den Betriebsnummern 1 – 6 von der Budapester Firma Rössemann & Kühnemann geliefert.
Die zweiachsigen Wagen waren 12,5 Meter lang und hatten ein Gewicht von 5,6 Tonnen. In einem Triebwagen fanden 18 sitzende und 20 stehende Fahrgäste Platz. Die Triebwagen hatten als Besonderheit nur jeweils einen einzigen, allerdings etwa 700 Kilogramm schweren Antriebsmotor. Die Wagen waren in roter Farbe lackiert.
Aufgrund der guten Geschäftserfolge der Straßenbahn (60.000 Passagiere im Mai 1900!) wurden bereits zu Pfingsten 1900 auch noch zwei Sommer-Beiwagen (Betriebsnummern 11 – 12) in Betrieb genommen. Da die Triebwagen aber ihre Mühe mit dem Beiwagenbetrieb hatten, wurden die Beiwagen schon im Dezember 1900 kurzerhand zu Triebwagen umgebaut.
Die etwa im Jahr 1906 vorgenommene Verlängerung der Strecke ab der Endstation beim Südbahnhof (710 Meter Länge) hatte einen profanen Grund: Am Ende der Neubaustrecke war (ist) eine Brauerei, zu der besonders an Wochenenden reger Publikumsverkehr herrschte.
Die Zweigstrecke zum Schlachthof war im Gegensatz dazu völlig unrentabel. Der Bau eines an der Strecke geplanten Krankenhauses wurde damals nicht realisiert und die Besucher der örtlichen Märkte konnten sich die Straßenbahnfahrt meist nicht leisten. Die Strecke wurde daher schon im November 1903 stillgelegt. Ein Teil der Gleise wurde für die Verlängerung beim Südbahnhof verwendet.
Besonders in der Zeit des Ersten Weltkrieges kam dann die Soproner Straßenbahn in große finanzielle Schwierigkeiten, die Gleisanlagen und Fahrbetriebsmittel konnten nicht mehr gewartet werden und das Personal wurde zum Kriegsdienst eingezogen.
Die vertraglich nach 20 Jahren vereinbarte Übergabe der privaten Straßenbahn an die Stadt wurde aber dennoch durchgeführt. Die Bahn wurde in einer Betriebspause vom 10. Jänner bis 10. Juni 1920 notdürftig saniert, aber auch nach der Wiederinbetriebnahme blieb die Straßenbahn unrentabel. Als Folge der Abtrennung des Burgenlandes von Ungarn nahm dazu noch der Fremdenverkehr in Sopron stark ab.
Der Hauptgrund für den Niedergang war aber hauptsächlich der beim Bau der Straßenbahn geforderte Umweg in der Linienführung, denn wegen der vielen Durchhäuser in Sopron nahmen die Passanten in der Nachkriegszeit nun lieber die Abkürzungen durch diese Passagen zu Fuß, als mit der Straßenbahn zu fahren.
Trotz vieler Befürworter unter den führenden Bürgern der Stadt kam aber doch das Ende für die Soproner Straßenbahn, als die Wagen am Abend des 23. Mai 1923 zum letzten Mal in die Remise fuhren.
Seither haben Auto und Autobus nach und nach den Platz der Straßenbahn in Sopron eingenommen.
Nur zwei Triebwagen konnten dem Schicksal der Verschrottung noch für einige Jahre entgehen, da sie zur Straßenbahn Szombathély (Steinamanger) verkauft wurden, wo sie bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges noch treue Dienste leisteten.