Rückblicke
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
1908: Oberleitungsbusse in Wien.
Ja, in Wien hat es Elektrobusse mit Oberleitungsbetrieb gegeben. Es gab sogar zwei voneinander unabhängige Betriebe!
Beginnen wir mit der „Gleislosen Bahn“, die im Jahr 1908 von der Straßenbahnendstation in Pötzleinsdorf über Pötzleinsdorfer Straße und Khevenhüllerstraße nach Neustift am Walde fuhr.
Dem damaligen Stand der Technik entsprechend, wurde der Betrieb mit leichten, zweiachsigen Elektrowagen durchgeführt, die ihre Energie aus einer doppelpoligen Oberleitung erhielten, auf der vierrädrige Wägelchen liefen. Die Fahrzeuge hatten an den Hinterrädern jeweils einen Radnabenmotor, einer damals schon ausgereiften Konstruktion von Ferdinand Porsche. Das verwendte Oberleitungssystem wurde 1901 von Carl Stoll entwickelt.
Nach einer Bauzeit von nur einem halben Jahr war die 2,2 km lange Strecke fertiggestellt und sie wurde vom Bürgermeister Dr. Karl Lueger am 14. Oktober 1908 feierlich eröffnet.
Das Fahren mit diesen kuriosen Fahrzeugen auf der teilweise sehr steilen Strecke erforderte besondere Geschicklichkeit der Chauffeure: Mit der linken Hand war ein kleiner Straßenbahn-Kurbelfahrschalter zu bedienen, es gab natürlich ein Lenkrad sowie ein Bremspedal und zusätzlich mußte noch eine „Bergstütze“ beim Anhalten in der Steigung bedient werden.
Die Fahrzeuge wurden einigen Umbauten unterzogen, auch bot die Instandhaltung der Radnabenmotoren große Schwierigkeiten, sodaß sie durch größere Motoren mit Getriebe-Übersetzung ersetzt wurden.
Am 19. September 1938 wurde der Osten Österreichs auf „Rechtsverkehr“ umgestellt, wobei es klar war, daß die Wagen der „Gleislosen Bahn“ dafür mit vernünftigem Aufwand nicht umgebaut werden konnten. Der kleine Betrieb „lebte“ noch bis 30. Oktober 1938, er wurde am nächsten Tag durch die Benzin-Autobuslinie 23 ersetzt.
Die zweite Elektrobuslinie mit Oberleitungsbetrieb war schon eine „moderne“ Bauart, bei der die Wagen zwei Kontaktstangen trugen. Die Strecke verlief über 5,9 km von der Straßenbahnremise „Währinger Gürtel“ (wo die Busse auch beheimatet waren) über Gürtel, Döblinger Hauptstraße, Billrothstraße, Krottenbachstraße und Rathstraße bis nach Salmannsdorf – unweit der ehemaligen Endstation der „Gleislosen Bahn“.
Die Bauarbeiten für die Oberleitung begannen im Jahr 1942 und im Juni 1944 konnten sogar schon Probefahrten durchgeführt werden. Bombenangriffe zerstörten allerdings Fahrleitung und Fahrzeuge, sodaß der „Obus“ bis Kriegsende nicht fertiggestellt werden konnte.
Nach den Arbeiten am Wiederaufbau konnte die Obus-Linie 22 am 9. Oktober 1946 mit zehn Motorwagen (ab 1950 auch mit Anhängern) ihren Betrieb aufnehmen. Es war aber klar, daß ein derart exotischer „Inselbetrieb“ (auch weitab der Hauptwerkstätte) ein Fremdkörper im Gefüge der Verkehrbetriebe war und keine Zukunft hatte.
So war es dann auch: Am 2. Dezember 1958 fuhr der letzte Obus in Wien, die Strecke nach Salmannsdorf wird heute von der Buslinie 35A bedient.
Mehr über die beiden Elektrobuslinien lesen Sie im Buch „Wiener Oberleitungsbusse“, erhältlich bei www.bahn-im-film.at