Rückblicke
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Nach den Vorbildern der bereits vorhandenen Schulungswagen 6857 und 6858 wurde ab 1964 ein Fahrzeug neu konstruiert, das die Schulung für „moderne“ Fahrzeuge ermöglichen sollte, was allerdings aus mehreren Gründen mißlang.
Auf dem Reservefahrgestell eines k6-Beiwagens wurde ein Neubau-Wagenkasten aufgesetzt und mit vorhandenen Ersatzteilen gängiger Fahrzeuge komplettiert. Bemerkenswert waren dabei die zwei von L4-Triebwagen abgeschnittenen Heckteile (aus der Produktion der F-Triebwagen), welche als Bug- und Heckmodul des Schulwagens verwendet wurden.
Mit dem Design der großen Fenster, die im neuen Schulungswagen eingebaut waren, hätten auch die kleinen Triebwagen T2, L3 und L4 etwas attraktiver gewirkt.
Als Motoren wurden „Schnellläufer“-Motoren der Type Dv503d mit je 60 kW Leistung eingebaut, der Fahrschalter war zwar ein „moderner“ NFBG 7, aber leider noch mit Kurbelbedienung. Die Typenbezeichnung GS (= aus Type G2/G3 entstandene Schulwagen) wurde allerdings nur traditionell von den beiden Vorgängern übernommen, da der 6859 nichts mit irgendeinem „G“ zu tun hatte.
Der Wagen wurde nach übermäßig langer Bauzeit seitens der Hauptwerkstätte am 13. März 1969 in den Wagenstand genommen, die Probefahrten begannen im April 1969. Genehmigt wurde der GS1 6859 aber erst zu Anfang des Jahres 1970.
Im Wagen war eine große Menge an Eingriffs- und Störungsmöglichkeiten eingebaut, es war sogar eine zweite Fahrschalterkurbel für den Instruktor vorhanden. Im Notfall konnte die Fahrkurbel des Fahrschülers ausgeklinkt und der Wagen danach vom dahinterliegenden Instruktorplatz aus kontrolliert werden. Der Wagen konnte ursprünglich auch einen schaffnerlosen Beiwagen Type l3 mitführen, später wurde die Einrichtung für die Mitnahme von Standard-Beiwagen (c, c2, c3, c4, l) geändert. Ein Lehr-Schaffnerplatz, Schultafeln und die Möglichkeit zur Vorführung von Schulungsfilmen vervollständigten dieses „fahrende Klassenzimmer“, das von den Fahrschülern „Geisterwagen“ genannt wurde.
Damit der Wagen von den Fahrgästen nicht mit einem Linienzug verwechselt werden sollte, wurde der Anstrich verkehrt angebracht, also oben rot und unten weiß. Diese Maßnahme erwies sich allerdings als völlig unnötig, denn viele Fahrgäste wollten trotz der farblichen Auffälligkeit auch in diesen Wagen einsteigen….
Der Schulungswagen GS1 6859 kann aber insgesamt als „Totgeburt“ bezeichnet werden, denn unmittelbar nach seiner Fertigstellung im Jahr 1969 wurde die Linie 80 und damit auch die Schulungsstrecke der Wiener Straßenbahn in der Schleifenanlage Freudenau am 17. August 1969 aufgelassen. Die im Wagen speziell für diese Schulungsstrecke installierten Stör- und Eingriffsmöglichkeiten, zu denen sogar eine Schienenschmierung mittels Schmierseife gehörte, konnten natürlich nicht auf den vom Linienbetrieb befahrenen Gleisen eingesetzt werden.
Der Wagen wurde daraufhin nur sehr eingeschränkt bis Juni 1974 im Schul-Fahrbetrieb verwendet, danach praktizierte man mit dem Wagen nur mehr den Ausbildungspunkt „Fehlersuchen“ innerhalb der Betriebsbahnhöfe.
Am 30. Mai 1986, dem Eröffnungstag des „Wiener Straßenbahnmuseums“ wurde der GS1 6859 in den Museumswagenstand übernommen und gleichzeitig die Personalschulung der Wiener Straßenbahn derart umgestellt, daß seither elektronisch gesteuerte Fahrzeuge zur Grundlage der Fahrerausbildung wurden.
Im Buch „Wiener Hilfsfahrzeuge“ des Verlages www.bahn-im-film.at befinden sich neben anderen Fahrzeugen auch weitere Informationen über den Schulungswagen GS1 6859.