Rückblicke
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Im Jahr 1968 rief mich eines Tages mein damaliger Tramway-Dauerbegleiter an und eröffnete mir, daß er in einer Geheimaktion einen Straßenbahntriebwagen gekauft hatte. Nun fuhr ich, so rasch es ging, zur Remise Rudolfsheim, um das Fahrzeug zu besichtigen. Während der Fahrt dorthin malte ich mir schon aus, was für ein Prachtstück es sein könnte, das sich nun im Eigentum meines Freundes befinden würde.
Im Bahnhof Rudolfsheim angekommen, war aber der Schock recht heftig: Da stand ein vollkommen verrostetes Wrack, dem man auf den ersten Blick eigentlich gar nicht ansah, daß es eine Straßenbahn sein sollte.
Ich ließ mich aber trotzdem dazu überreden, mit dem Entrosten des Gefährts zu beginnen. Natürlich war es ein historisch wertvolles Fahrzeug, das da zur Bearbeitung stand: Es war der Triebwagen 100 der ehemaligen Straßenbahn in Baden bei Wien.
Mit der Arbeit ging es rasch voran und wir konnten im Jahr 1969 mit den anderen Museumsfahrzeugen der Wiener Tramway (G 4777, Dampftramway, Grazer Wagen 22 etc.) sogar in die Halle 4 des Bahnhofes Ottakring übersiedeln.
Leider wurde die Arbeit unserer Arbeitsgemeinschaft durch hinterhältige Intrigen einer charakterlosen Person gestört, sodaß wir samt dem Triebwagen 100 zur St. Pöltner Straßenbahn übersiedeln mußten.
Und es ergab sich im Jahr 2008, daß ich wieder mit dem Fahrzeug zusammentraf, das ich vor genau 40 Jahren zum ersten Mal gesehen hatte: Den Triebwagen 100 der ehemaligen Straßenbahn in Baden bei Wien, der ab dem Jahr 1968 als vollkommenes Wrack meine und die Freizeit meiner Freunde voll in Anspruch genommen hatte.
Dazwischen hatte der Wagen im Jahr 1985 im teilweise fertigen Zustand für eine Promi-Fahrt anläßlich der Fertigstellungsfeier für den Wiener Zentralverschiebebahnhof der ÖBB herhalten müssen. Da ich damals der Fahrer des 100ers war, stand ich auch in erster Reihe, als mir der Fahrschalter wegen mehrerer technischer Fehler sozusagen „um die Ohren“ geflogen ist.
Danach war der Wagen jahrelang im Bereich der Wiener Straßenbahn und zuletzt im Museum abgestellt.
Als wir die Dampftramwaylokomotive 8 im Jahr 1998 an den Eigentümer zurückstellten, hängten wir den seither im Museum herumstehenden, kaputten Triebwagen 100 kurzerhand an die Lok und überstellten den Zug in die Hauptwerkstätte, damit der 100er in seine angestammte Heimat Mariazell gebracht werden konnte.
Und nun tauchte der Wagen im offenbar reparierten Zustand nach zehn Jahren wieder in der Hauptwerkstätte auf, damit letzte technische Korrekturen an ihm vorgenommen werden konnten. Natürlich habe ich mich darum bemüht, diesen Wagen in der Museumssaison 2008 für Rundfahrten zu bekommen. Mit einem für beide Seiten vorteilhaften Deal blieb der Wagen nun in Wien und ich überstellte ihn nach den entsprechenden Probefahrten mit eigener Kraft ins Museum.
Das merkwürdige Aussehen und die grüne Lackierung des Wagens lockten während der Saison viele Besucher an und die Fahrten waren fast immer ziemlich stark besetzt. Manche Museums-Fahrer hatten mit diesem Wagen allerdings keine Freude, denn am Fahrerplatz hatten großgewachsene Menschen ihre liebe Not, da der etwas geringe Abstand zwischen Wagenboden und Dach offenbar nicht für diese Menschen geschaffen war.
Da es unter den Fahrern normalerweise immer ein „Gerangel“ gab, wer die Kurbeln bedienen durfte, kamen nun endlich auch die kleinen Fahrer „kampflos“ zum Fahrvergnügen.