Rückblicke
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Die Geschichte der Straßenbahnen in Text und Bild
Die „Wiener Elektrische Stadtbahn“ hatte immer eine Sonderstellung im Bereich der Wiener Verkehrsbetriebe: Die Strecke war signalgedeckt, es gab Stellwerke und sie fuhr mit 750 Volt Fahrdrahtspannung.
Und: Wo auf der Welt gab es noch eine „Stadt-Schnellbahn“, die mit Zügen aus neun zweiachsigen Wagen verkehrte?
Die Fahrzeuge der Stadtbahn hatten Druckluftbremsen und sie waren im Gegensatz zur Straßenbahn komplett rot lackiert. Der Grund dafür war eben diese Druckluftbremse, die auf Guß-Bremsklötze an den Rädern wirkte und dadurch bei jeder Bremsung geringe Mengen an Bremsstaub erzeugte. Nun fuhr die Stadtbahn zu einem Großteil im Einschnitt oder im Tunnel, wo sich dieser Bremsstaub nicht verflüchtigen konnte und daher an die Wagen anlegte. Wenn es dann geregnet hat, verband sich der dadurch entstehende Rost mit dem Lack und die Wagen wurden mit der Zeit unansehnlich.
Geringe Abhilfe schaffte man nur damit, als man die ursprünglich ebenso wie die Straßenbahn weiß / rot gestrichenen Wagen ab etwa 1927 vollkommen rot lackierte, wodurch die rostige Verschmutzung auf dem nun durchgehend roten Untergrund nicht mehr so stark auffiel.
Diese Methode der „Verschleierung“ brachte es aber mit sich, daß manche Stadtbahnwagen fast schon schwarz wirkten. Der Verschmutzung konnte man nur mit einem aggresiven chemischen Waschmittel („Wupperglanz“) oder besser gleich mit einer Neulackierung begegnen.
Ein Zug dieser ersten Generation (N 2706 – n 5538 – N 2861) war im „Wiener Straßenbahnmuseum“ selbstverständlich ausgestellt.
Auch die ab 1954 in Dienst gestellten „neuen“ Stadtbahnwagen der Typen N1 – n2 litten naturgemäß an demselben „Schönheitsfehler“, für den es eigentlich keine vernünftige Abhilfe gab. Im Laufe der Jahre hatten sich die Wiener aber so sehr an die „roten“ Stadtbahnzüge gewöhnt, daß es eigentlich für jeden Fahrgast normal war, in die Züge mit den äußerlich unterschiedlich verschmutzten und teilweise „schwarzen“ Wagen einzusteigen.
Als dann im Jahr 1980 die neue Generation von Stadtbahnfahrzeugen mit den Typen E6 und c6 in Erscheinung trat, konnte man bei diesen Wagen die bisherige Praxis beenden, die Fahrzeuge ganz rot zu lackieren. Die neuen Gelenkwagen hatten wieder – wie in der Anfangszeit der Jahre 1925 bis 1927 – den traditionellen Anstrich weiß / rot, weil sie wie Straßenbahnfahrzeuge eine verschleißfreie elektrodynamische Bremse bzw. eine Solenoidbremse hatten, die auf Bremsscheiben wirkte. Bremsstaub gab es nun keinen mehr!
Noch eine Besonderheit hatte die rote Stadtbahn: Sie fuhr immer im Linksverkehr und sogar die Umstellung auf den Rechtsverkehr in Ost-Österreich im Jahr 1938 mußte sie nicht mitmachen. Erst anläßlich der ersten Probefahrten mit den U-Bahn-Wagen wurde der Streckenbereich um den Bahnhof Heiligenstadt für Rechtsverkehr ausgelegt.
Nachdem mittlerweile die Wiental- und die Donaukanallinie auf U-Bahn-Betrieb umgestellt worden waren, blieb nur noch die Gürtellinie übrig, die mit den zweiachsigen, straßenbahnähnlichen Stadtbahnwagen der Typen N1 und n2 unterwegs war. Als aber immer mehr E6-Züge zur Verfügung standen, konnte man bald auf die ohnedies schon sehr gebrechlichen alten Stadtbahnzüge N1 / n2 verzichten.
Von der Öffentlichkeit vollkommen unbemerkt und ohne jegliche Feier fuhren dann die letzten N1 / n2 – Garnituren am 1. Juli 1983 auf der Stadtbahn-Gürtellinie und beendeten damit die Ära der „roten“ Stadtbahn.
Nur noch ein einziges Mal – am 1. Wiener Tramwaytag im Bahnhof Michelbeuern – verkehrte der ursprüngliche Museumszug N1 2916 – n2 5993 – N1 2942 für die Besucher dieser Veranstaltung auf der Stadtbahnstrecke zwischen Michelbeuern und Heiligenstadt.
Der später vom Wiener Straßenbahnmuseum rekonstruierte und restaurierte Stadtbahnzug N1 2992 – n2 5993 – N1 2872, der sogar eine Pressefahrt vor der U6-Nord-Eröffnung durchgeführt hat und auch einmal auf der WLB-Strecke nach Baden gefahren ist, steht heute leider betriebsuntauglich und in einer vollkommen unmöglichen Zusammenstellung im „Verkehrsmuseum Remise“…..
Unprofessionell! Aber man weiß es dort wahrscheinlich nicht besser….
Erstellt im Juli 2018 anläßlich der letzten Fahrt der „roten“ Stadtbahn vor 35 Jahren.
In der DVD-Produktion „Stadtbahn und U-Bahn in Wien“ von www.bahn-im-film.at ist der Stadtbahn ein großer Teil gewidmet.